Homöopathie in der Forschung

Grobe Zusammenfassung der Episode

  • Der Podcast des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte behandelt das Thema “Homöopathie in der Forschung” und hebt hauptsächlich die folgenden Ergebnisse und Erkenntnisse hervor:
    1. Wirksamkeit der Homöopathie: Kontrollierte klinische Studien und Metaanalysen zeigen, dass Homöopathie über Placebo hinaus wirksam ist, insbesondere die klassische individualisierte Homöopathie. Studien legen nahe, dass Homöopathie potenziell gefährliche konventionelle Therapien einsparen kann und weniger Nebenwirkungen verursacht.

    2. Forschungsstand und Evidenz: Die Homöopathieforschung hat in den letzten Jahrzehnten Fortschritte gemacht und wird durch kontrollierte klinische Studien gestützt. Es gibt eine wachsende Evidenzbasis, die zeigt, dass Homöopathie eine sinnvolle Alternative in der Gesundheitsversorgung sein kann.

    3. Grundlagenforschung: Es gibt gute Evidenz dafür, dass homöopathische Arzneimittel spezifische Effekte haben, die über Placebo hinausgehen. Dennoch besteht weiterer Forschungsbedarf, insbesondere in Bezug auf das Wirkprinzip von Homöopathika und die Mechanismen der Potenzierung.

    4. Notwendigkeit eines vorurteilsfreien Diskurses: Eine offene und vorurteilsfreie Diskussion über Homöopathieforschung ist wichtig, um Fortschritte zu erzielen und die Wirksamkeit der Homöopathie besser zu verstehen. Es sollte eine breitere Akzeptanz für die Erforschung und Anwendung der Homöopathie angestrebt werden.

    Insgesamt zeigen die diskutierten Ergebnisse, dass die Homöopathie eine erforschte und potenziell wirksame Behandlungsoption in der Gesundheitsversorgung darstellt.

Detailierte Zusammenfassung

  • Der Podcast des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte widmet sich dem Thema “Homöopathie in der Grundlagenforschung”.
  • Es werden verschiedene Perspektiven auf Wissenschaft und Homöopathie beleuchtet, um zu klären, ob sie sich ausschließen, wie einige Kritiker behaupten.
  • Martina Klöpfer führt das Gespräch mit drei Naturwissenschaftlern: Professor Dr. Stefan Baumgartner, Professor Dr. Michael Kusken und Dr. Harald Hamre.
  • Professor Kusken betont, dass es schwierig ist, einen wissenschaftlichen Konsens zu Homöopathie zu finden, da ein negativer Beweis in der Wissenschaft nicht möglich ist.
  • Er erklärt dies anhand des Beispiels eines schwarzen Schwans und warnt davor, aus dem Nichtfinden eines Effekts auf eine Nichtexistenz zu schließen.
  • Die Existenz eines wissenschaftlichen Konsenses wird hinterfragt, da verschiedene wissenschaftliche Kreise unterschiedliche Ansichten haben.
  • Es wird betont, dass Wissenschaft nicht als eine einheitliche Entität existiert, sondern aus verschiedenen Teildisziplinen besteht.
  • Der Vorschlag des Gesundheitsministers Karl Lauterbach, die Erstattung homöopathischer Arzneimittel abzulehnen, wird als Beispiel für die Kontroverse um Homöopathie in der Gesundheitspolitik genannt.
  • Dr. Hamre verteidigt die Wissenschaftlichkeit der Homöopathie und verweist auf zahlreiche kontrollierte klinische Studien, darunter viele Placebo-kontrollierte randomisierte Studien, die die Wirksamkeit der Homöopathie untersuchen.
  • Homöopathie war früh an kontrollierten klinischen Studien beteiligt und hat auch später kontrollierte Studien durchgeführt.
  • Klinische Studien, besonders randomisierte Placebo-kontrollierte Studien, gelten als der strengste Beweis für die Wirksamkeit am Menschen.
  • Es gibt hunderte Placebo-kontrollierte randomisierte Studien zur Homöopathie, die zusammengefasst wurden, um eine Metaanalyse durchzuführen.
  • Sechs Metaanalysen seit 1997 haben gezeigt, dass Homöopathie im Vergleich zu Placebo wirksam ist, mit einem statistisch signifikanten positiven Effekt.
  • Die methodische Qualität der Studien wurde berücksichtigt, und in den meisten Metaanalysen war Homöopathie weiterhin besser als Placebo, insbesondere bei höherer Studienqualität.
  • Vergleiche mit anderen Forschungsfeldern zeigen, dass die Qualität der Homöopathiestudien vergleichbar oder sogar besser ist.
  • Die Gesamtevidenz zeigt, dass es keine Grundlage gibt zu behaupten, dass Homöopathie generell nicht wirksam ist.
  • Daher gibt es keine Legitimation für Maßnahmen gegen Homöopathie in der Krankenversorgung basierend auf diesen Studien.
  • Homöopathieforschung hat das Peer-Review-Verfahren durchlaufen und ist gut abgeschnitten.
  • Es gab bisher keine sachliche Kritik, die auf Detailpunkten eingeht.
  • Professor Baumgartner beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Grundlagenforschung und untersucht die spezifische Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln.
  • In der Grundlagenforschung werden verschiedene Ansätze verwendet, einschließlich Experimenten mit Pflanzen, Tieren, Zellinien und physikalischen Methoden.
  • Ein Beispiel aus der Grundlagenforschung ist die Untersuchung von Kressepflanzen, um festzustellen, ob homöopathische Mittel eine spezifische Wirkung haben.
  • Es besteht eine Diskussion über die Potenzierung von Homöopathika, wobei Kritiker die Potenzierung als Verdünnung interpretieren und bezweifeln, dass noch Moleküle vorhanden sind.
  • Bei niedrigen Potenzen wie D3-D6 können noch Spurenstoffe chemisch nachgewiesen werden, was erklären kann, warum Effekte auf das Pflanzenwachstum beobachtet werden.
  • Die Herausforderung liegt darin zu verstehen, wie hochverdünnte Homöopathika, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Molekülnachweises nahezu null ist, wirken können.
  • Verschiedene Experimente wurden durchgeführt, um spezifische Effekte von hochverdünnten Homöopathika zu untersuchen, wie z.B. in einem Modell mit 35 unabhängigen Experimenten in verschiedenen Labors.
  • Ein spezielles Experiment umfasste die Behandlung von Gartenkressesämlingen mit Stannum metallicum D30 und Laktose D30 als Kontrolle.
  • Die Länge der Keimlinge wurde gemessen, und Kristallmuster, die spezifisch für die Inhaltsstoffe sind, wurden gebildet und deutlich unterschieden.
  • Die therapeutische Wirksamkeit ist wichtiger als der pharmakologische Wirkmechanismus bei der Einstufung von Arzneistoffen.
  • Es ist üblich, dass auch bei anderen Arzneimitteln, wie pflanzlichen Präparaten, die therapeutische Wirksamkeit bekannt ist, während der genaue Wirkmechanismus nicht immer verstanden wird.
  • Synergismus bei pflanzlichen Arzneimitteln beschreibt das Zusammenwirken mehrerer Komponenten, was einen stärkeren Effekt ergibt als erwartet.
  • Ein Beispiel dafür ist Paracetamol, dessen Wirkmechanismus trotz physikochemischer Eigenschaften nicht vollständig verstanden wird.
  • Es wird betont, dass die angemessene Therapie oft vernachlässigt wird, und Homöopathie könnte eine sinnvolle Behandlungsoption sein, um Probleme wie Antibiotikaresistenzen und Umweltverschmutzung zu reduzieren.
  • Viele Arzneimittelrückstände, wie Statine, Diclofenac und Hormonpräparate, gelangen ins Wasser und belasten die Umwelt. Die Nutzung von Homöopathie könnte hier eine Alternative sein, die weniger Umweltbelastung verursacht.
  • Die Akzeptanz von Homöopathie bei Pharmaziestudierenden ist generell hoch, obwohl es auch Kritiker gibt.
  • Homöopathie kann erfolgreich bei vielen Krankheiten eingesetzt werden und potenziell gefährliche konventionelle Therapien einsparen, z.B. durch Reduzierung von Antibiotikaverschreibungen.
  • Die Behauptung, dass Homöopathie dazu führen könnte, dass Patienten schulmedizinische Therapien meiden, wird durch Studien nicht gestützt. Die Nichtinanspruchnahme von schulmedizinischer Therapie hat oft andere Gründe.
  • Das Kombinieren von Homöopathie und Schulmedizin (integrative Medizin) birgt kaum Risiken, besonders bei Hochpotenzen. Homöopathika sind in Deutschland reguliert.
  • Klinische Studien zeigen tendenziell weniger Nebenwirkungen bei homöopathischer Behandlung im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden.
  • Ärzte, die Homöopathie praktizieren, sind ausgebildete Mediziner und sollen in der Lage sein, die richtige Therapieoption für ihre Patienten zu wählen.
  • Medikationsfehler entstehen oft durch Selbstmedikation ohne angemessene Beratung, besonders durch falsche Informationen im Internet.
  • Die Informationspflicht in Apotheken ist wichtig, um Patienten bei der Selbstmedikation von Homöopathika zu unterstützen und Medikationsfehler zu vermeiden.
  • Die sogenannte IPI3-Studie aus Frankreich verfolgte große Patientenzahlen in der alltäglichen Praxisversorgung, um zu sehen, wie die Behandlung in der realen Welt verläuft.
  • In dieser Studie wurden drei Gruppen verglichen: Patienten, die ausschließlich homöopathische Arzneimittel erhielten, Patienten, die ausschließlich konventionelle pharmakologische Arzneimittel erhielten, und eine gemischte Gruppe.
  • Bei Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege wurde in der homöopathischen Gruppe 50% weniger Antibiotika verschrieben, und bei Patienten mit muskuloskeletalen Problemen wurden in der homöopathischen Gruppe ebenfalls 50% weniger nichtsteroidale Entzündungshemmer verschrieben.
  • Homöopathische Behandlungen können somit dazu beitragen, den Bedarf an Antibiotika und nichtsteroidalen Entzündungshemmern zu reduzieren, was insbesondere im Hinblick auf die Nebenwirkungen dieser Medikamente von Bedeutung ist.
  • Im Bereich der Grundlagenforschung gibt es gute Evidenz dafür, dass homöopathische Arzneimittel spezifische Effekte haben, die über Placebo hinausgehen.
  • Es besteht jedoch weiterhin Forschungsbedarf, insbesondere in Bezug auf das Wirkprinzip von homöopathischen Arzneimitteln und die Mechanismen der Potenzierung.
  • Es besteht ein Bedarf an weiterer Grundlagenforschung, um den pharmakologischen Wirkmechanismus von Homöopathika besser zu verstehen.
  • Es ist wichtig, dass sich mehr Menschen, auch in wissenschaftlichen Kreisen, für die Erforschung der Homöopathie interessieren und neugierig bleiben, anstatt sie als schwieriges Thema oder Placebo abzutun.
  • Ärzte sollten sich nicht durch Negativpresse abschrecken lassen und weiterhin Studien zur Wirksamkeit von Homöopathika durchführen, auch wenn es momentan nicht populär ist.
  • Homöopathie hat in klinischen randomisierten Studien gezeigt, dass sie besser als Placebo wirkt, insbesondere die klassische individualisierte Homöopathie.
  • Es besteht jedoch weiterhin Bedarf an detaillierteren Untersuchungen, um zu verstehen, wo verschiedene Homöopathieverfahren am besten wirken.
  • Eine offene und vorurteilsfreie Diskussion über Homöopathieforschung ist wichtig, um Fortschritte zu erzielen und die Wirksamkeit der Homöopathie besser zu verstehen.

Vollständiges Transkript der Episode

Homöopathie, der Podcast des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte.

Wir sprechen mit Ärztinnen und Ärzten über Homöopathie und Schulmedizin. Wir reden mit Forschern und Forscherinnen, mit Politikerinnen und Politikern über integrative Medizin und Gesundheitspolitik. Herzlich willkommen zur achten Folge der Podcastreihe des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte.

Heute mit dem Thema “Homöopathie in der Grundlagenforschung”. Wir begeben uns gedanklich ins Labor und betrachten Homöopathie sozusagen im Reagenzglas oder auch in der Petrischale. Schließen Homöopathie und Wissenschaftlichkeit sich aus, wie manche Gegner der Homöopathie behaupten? Wir werden heute Wissenschaft aus ganz verschiedenen Perspektiven betrachten.

Mein Name ist Martina Klöpfer, und ich freue mich auf ein sehr spannendes Gespräch mit drei Naturwissenschaftlern, nämlich Professor Dr. Stefan Baumgartner von der Universität Witten/Herdecke. Er lehrt auch an der Universität Bern, und von Hause aus ist Professor Baumgartner Experimentalphysiker. In den Nebenfächern hat er Mathematik studiert und Astronomie.

Dann ist bei uns Professor Dr. Michael Kusken. Herr Professor Kusken ist Pharmazeut und Dekan des Fachbereichs Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg, und habilitiert hat er im Bereich Pharmazeutische Ologie. Er vertritt als Mitglied in der Kommission D beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Pharmazie.

Mit Dr. Harald Hamre haben wir einen Mediziner mit an Bord. Herr Dr. Hamre hat 10 Jahre lang als Facharzt praktiziert und ist dann in die Forschung gewechselt und ist nun an der (01:53) Universität Witten/Herdecke. Wir treffen uns im virtuellen Studio per Videokonferenz. Deswegen bitte ich jetzt schon die unterschiedliche Mikrofonqualität zu entschuldigen. Wir starten mit dem Verständnis von Wissenschaft, von Wissenschaftlichkeit überhaupt, und ich möchte mit einem Zitat beginnen, das wie folgt lautet: “Angesichts umfangreicher Forschungsergebnisse zur Homöopathie besteht jedoch längst weithin wissenschaftlicher Konsens dahin, dass es keinen belastbaren Beleg für eine spezifische medizinische Wirksamkeit gibt.” So steht das in einer (02:34) Beschreibung einer CME-zertifizierten Fortbildung mit dem Titel “Homöopathie – eine Therapieoption für die Praxis?” Fragezeichen. Was sagen Sie dazu, Herr Professor Kuskin? Kann es so etwas wie einen wissenschaftlichen Konsens überhaupt geben?

Ja, das ist immer relativ schwierig. Ich würde also an einer anderen Stelle mal anfangen wollen. Es wird häufig der Eindruck erweckt, als ob ich halt einen negativen Beweis führen kann, das heißt, dass ich beweisen kann, dass es etwas nicht gibt, und das wird ja häufig von Homöopathiekritikern ins Feld geführt und das ist also aus naturwissenschaftlicher und lebenswissenschaftlicher Sicht eigentlich so nicht möglich. Ich kann beweisen, dass es einen Effekt gibt, egal wie. Ich kann aber, wenn ich den Effekt nicht finde, daraus eben nicht den Rückschluss ziehen, dass es das überhaupt nicht gibt. Das ist so ungefähr genauso, ich gucke hier aus dem Fenster raus, habe einen schönen Blick über Marburg und sehe keinen schwarzen Schwan. Also ich weiß, es gibt schwarze Schwäne, aber ich sehe gerade keinen. Das würde hier bei dem schönen Schnee auch sofort auffallen. Daraus darf ich nicht den Rückschluss ziehen, es gibt keine schwarzen Schwäne. Ne, leuchtet ein, aber das wird gerne übersehen. Wenn ich also in einem experimentellen Setup etwas nicht finde, dass man dann leicht geneigt ist zur Verallgemeinerung und sagt, okay, das gibt’s jetzt überhaupt nicht. Und mir fällt eben auf, dass also bei Homöopathiekritischen Beiträgen dieses sehr häufig suggeriert wird: Wir haben nichts gefunden, also gibt’s das auch nicht.

Und gibt es denn so etwas wie wissenschaftlicher Konsens? Da wird ja so eine Gemeinschaft unter Wissenschaftlern suggeriert.

Na ja, das kann ja nicht sein. Es gibt also genug Kreise, die Homöopathie erfolgreich einsetzen, die zur Homöopathie forschen. Ein Teil derjenigen, die durchaus Homöopathie für sinnvoll erachten, ist ja hier versammelt. Und deshalb muss man also immer sagen: Wenn Konsens besteht, zwischen wem denn jetzt genau. Aber das können nicht die Personen sein, die hier gerade anwesend sind. Also ist das eigentlich eher eine Behauptung, dass es so etwas wie wissenschaftlichen Konsens gibt. Also meinen Eindruck von Wissenschaft ist immer, dass man bereit ist, eine Frage zu stellen oder etwas in Frage zu stellen. Ja, das ist ja so mit der Formulierung ein Totschlagargument, was eben was Bestimmtes suggerieren will. Also es gibt ja nicht die Wissenschaft als solche, sondern es gibt in der Wissenschaft auch genügend Teildisziplinen, die man ja auch definieren kann. Und wenn so eine pauschale Behauptung in den Raum gestellt wird, wäre es eigentlich seriös zu sagen, welche Wissenschaftskreise man denn jetzt meint.

Also die Wissenschaft als solche gibt es ja nicht. Der Gesundheitsminister Karl Lauterbach denkt ja darüber nach, homöopathische Arzneimittel aus der Erstattung zu nehmen, mit der Begründung, dass auch hier wieder Zitat: “Homöopathie in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik keinen Platz hat.” Dr. Hamre, Sie haben sich sehr viele randomisierte Placebo-kontrollierte Studien angesehen. In einer Metaanalyse kann ich hier noch ein Zitat vom IIK anführen: “Es gibt keine wirklich gute Untersuchung, die zeigt, dass Globuli mehr wirken als eine Zuckertablette.” Fehlt aus Ihrer Sicht der Homöopathie die Wissenschaftlichkeit?

Nein, das kann ich nun wirklich nicht sagen. Wir wissen auch von der Geschichte der Forschung, dass Homöopathie ganz früh dran war mit kontrollierten klinischen Studien, klinische Studien verschiedener Sorten, aber auch später mit kontrollierten Studien. Und jetzt ist es so, die der strengste Beweis oder die strengste Prüfung für eine Wirksamkeit am Menschen, das sind klinische Studien, wo die Probanden per Zufallsverteilung, man nennt das randomisiert, entweder so eine Behandlungsgruppe oder eine Kontrollgruppe zugewiesen werden. Und davon ist die strengste Unterform, wenn die Kontrollgruppe ein sogenanntes Placebo bekommt, also ein, eine in diesem Fall Kügelchen, die mit keinem homöopathischen Verfahren erstellt sind, sondern einfach Zucker-Kügelchen. Das lässt sich gut machen, und es gibt mehrere hundert solcher Placebo-kontrollierten randomisierten Studien zur Homöopathie. Und die werden dann zusammengefasst, weil jede Studie hat ein Durchschnittsergebnis. Wenn es viele sind, dann macht man gerne eine zusammenfassende Effektschätzung. Das nennt sich Metaanalyse. Und das kann man natürlich machen, so Homöopathie für Homöopathie oder Homöopathie x für Erkrankung y.

Aber es gibt seit 1997 sechs Metaanalysen, die haben alle Homöopathieformen für alle Erkrankungen zusammengestellt. Den Metaanalysen, wenn man nun alle Studien zusammen auswertet, was kommt dann raus? Unterscheidet es sich vom Placebo? Und das wurde also in sechs Metaanalysen gemacht, und wir haben ein sogenanntes systematisches Review von den sechs Metaanalysen durchgeführt. Wenn man für jede Metaanalyse die primäre zusammenfassende Effektschätzung für alle eingeschlossenen Studien, das gab’s für fünf der sechs, alle fünf zeigten einen positiven, statistisch signifikanten, das heißt, Wahrscheinlichkeit weniger als 5%, dass die Ergebnisse zufällig wären, also einen statistisch signifikanten positiven Effekt von Homöopathie. In erster Linie ist es einfach: Homöopathie wirkt besser als Placebo.

Das zweite, was man dann gerne macht, ist genauer zu prüfen. Es ist ja so, nicht alle Studien sind gleich gut.

(08:51) Methodisch durchgeführt oder die Forscher hatten vielleicht Pech, weil viele Patienten von Beginn der Studie an die Studie abbrechen mussten. Dass es also ein starkes Dropout gibt. Also, es kann manches schiefgehen, entweder in der Planung, Durchführung und so weiter, und das wird untersucht in, das nennt man methodische Qualität. Da gab es vier Metaanalysen, da hatte man das so gemacht, dass man die Studien, die zu analysieren wären, beschränkt hat auf Studien von höherer Qualität. Und in allen vier Metaanalysen mit dieser Beschränkung auf High-Quality-Studien war Homöopathie weiterhin besser als Placebo. Für drei der vier Metaanalysen war der Unterschied signifikant. In der dritten Metaanalyse war der Vorteil nicht mehr signifikant. Das Letzte galt dann der sogenannten nicht individualisierten Homöopathie.

Es gibt ja klassische Homöopathie, auch individualisiert genannt, und dann gibt es verschiedene andere Formen. Wir haben verglichen mit methodischer Qualität in anderen Forschungsfeldern als der Homöopathie. Da wird ja oft gesagt, die Qualität von Studien könnte besser sein, das sei oft schwach. Und dann haben wir teilweise solche Vergleiche in den Metaanalysen gefunden. Teilweise haben wir mit großen zusammenfassenden Auswertungen von der, von der sogenannten Gruppe, wenn man die Qualität der Studien verglichen hat mit denselben Instrumenten, dann war die Qualität in der Homöopathie entweder besser oder eher vergleichbar. Dann gibt es eine Qualität der gesamten Evidenz. Das wird nach einem bestimmten klugen Verfahren ausgewertet. Die Qualität für die gesamte Evidenz war dann ebenfalls vergleichbar oder sogar besser als in der Schulmedizin. Also, dieses Argument, das sei so schlechte Qualität, das ist nur mit Doppelstandards, dass man das irgendwie bemängeln könnte. Man kann nicht sagen, dass Homöopathie nicht wirkt. Also, es gab dafür in diesen, und wir sind sehr, sehr genau vorgegangen, das werden Sie sehen, wenn Sie es lesen, es gibt keine Grundlage zu sagen, dass es nicht wirkt, dass es generell nicht wirken würde. Das geben die Daten einfach nicht her. Und deswegen kann man aus diesen Studien keine Legitimation finden für irgendwelche Maßnahmen gegen die Homöopathie in der Krankenversorgung.

Was antworten Sie da Kritikern? Gerade in der Publikumspresse wird das ja schnell mal genannt.

Wir sind ja durch das konventionelle, sogenannte Peer-Review-Verfahren gegangen. Da sind wir sehr gut abgeschnitten. Ich habe keine sachliche Kritik erfahren. Ich würde mich natürlich freuen auf sachliche Kritik, die auf Detailpunkten eingeht. Was hätte man besser machen können? Aber das gab’s bisher nicht.

Da sind wir schon beim hab Professor Baumgartner angekommen. Jetzt werden wir noch feiner. Sie widmen sich als Physiker seit Jahrzehnten der Grundlagenforschung. Jetzt noch mal für die Hörer, damit man sich das so vorstellen kann. Wie sind Sie da vorgegangen? Also, welche Versuchsanordnung muss ich mir da vor geistige Auge holen? Und wie lässt sich dann die spezifische Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln überhaupt überprüfen?

In der Grundlagenforschung zur Homöopathie oder besser gesagt in der Grundlagenforschung zu homöopathischen Arzneimitteln oder homöopathischen Präparaten geht man folgendermaßen vor Man macht eben nicht jetzt, ich sage jetzt, eine klinische Studie mit Menschen, sondern man arbeitet entweder z.B. mit Pflanzen oder mit Tieren oder mit Zellinien, das heißt, so einzelne Zellen oder Hefen, also einzelne Hefezellen, die man dann im Reagenz quasi kultiviert und behandelt. Eine weitere Möglichkeit ist noch, dass man mit rein physikalischen Methoden die Homöopathie untersucht. Das heißt, man untersucht z. B. die Wassermoleküldynamik in homöopathischen Präparaten und vergleicht die mit den entsprechenden Vergleichsproben oder Kontrollproben. Also, das sind so die grundsätzlichen Ansätze. Wenn wir jetzt da ein Beispiel rauspicken wollen, etwas, was vielleicht einfach zu verstehen ist oder nachzuvollziehen ist, man kann sich vorstellen, wir nehmen Pflanzen, weil eine unserer Ansätze oder eines unserer Anliegen war, möglichst einfache Systeme zu entwickeln, die einfach an verschiedenen Orten, auch, ich sage jetzt mal, reproduziert werden können. Dann kann man das z. B. so machen, dass man z. B. Kresse nimmt, die gewöhnliche Gartenkresse, die jeder von Ihnen kennt. Und dann hat man so einen Sack mit Saatgut von diesen Kressesämlingen. Dann nimmt man da quasi verschiedene Mengen von Saatgut raus und kultiviert z.B. 200 Pflanzen mit einem bestimmten homöopathischen Mittel und 200 andere Pflanzen kultiviert man oder behandelt man mit einer entsprechenden Kontroll- oder Vergleichsprobe oder einem Placebo. Und dann untersucht man, wie sich diese beiden Pflanzengruppen entwickeln. Ja, z.B. ob sie länger werden oder kürzer, ob sich die Stoffwechselprodukte, die sich bilden, irgendwie verändern. Und so kann man quasi einem Modellorganismus, wie wir das auch nennen, die grundsätzliche Frage beantworten, ob jetzt homöopathisch hergestellte Arzneimittel, ob die eben mehr sind als Placebo oder eben nicht. Es ist ja meiner Einschätzung nach eine Diskussion um die Potenzierung der Homöopathika. Kritiker verstehen ja Potenzierung nicht als Erhöhung, wenn man das so übersetzt, sondern als Verdünnung Und das ist ja der Hauptkritikpunkt, dass man sagt, das ist so sehr potenziert oder verdünnt, dass man da eigentlich gar kein Molekül mehr nachweisen kann.

Wie muss ich mir das vorstellen? Haben Sie das auch geprüft?

Ja, das ist natürlich gerade die spannende Frage in diesem ganzen Forschungsbereich. Ja, weil es ist klar, also wenn wir sogenannten Tiefpotenzen arbeiten, D3, D4, D5, D6, da kann man chemisch analytisch noch was nachweisen. Ja, da findet man von dem Stoff, den man potenziert hat, noch noch Spurenstoffe drin. Und wenn man dann dort Effekte sieht auf das Pflanzenwachstum, dann ist das nicht weiter verwunderlich, weil man kann sagen, ja, ja, da ist von dem Stoff ja noch was drin. Spannend wird natürlich dann, wenn es, wenn die Verdünnung so hoch ist, dass die Wahrscheinlichkeit gegen Null geht, dass man, dass man überhaupt noch irgendein einzelnes Molekül von der Ausgangssubstanz drin hat. Vor dem gängigen konventionellen pharmakologischen Wirkmodell, wo man sich auf Stoffe bezieht, die dann auf Rezeptoren wirken, dass man eben spezifische Arzneimittelwirkung nur dann hat, wenn man eben Moleküle hat, die dann auf diese Rezeptoren wirken.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich schwierig, in der Tat schwierig, sich vorzustellen, dass etwas wirken soll, wo nichts mehr drin ist. Aber genau das ist natürlich die spannende Frage. Und deshalb haben wir genau zu dieser Frage auch verschiedene Untersuchungen gemacht.

Es gab jetzt unterschiedlichste Experimente, die wir durchgeführt haben, wo wir tatsächlich auch für solche hochverdünnten Homöopathika z.B eine D30 spezifische Effekte gefunden haben.

Also in einem Modell haben wir 35 unabhängige Experimente gemacht in zwei Ländern in drei Labors. Also das heißt, das lässt sich ganz gut reproduzieren.

Wie muss ich mir das vorstellen, was haben Sie gemacht?

Also, in diesem speziellen Ansatz war es so, dass wir eben mit dieser Gartenkresse gearbeitet haben, und die haben wir entweder mit Stannum metallicum D30 behandelt. Das ist ein homöopathisches Arzneimittel. Und die andere Gruppe haben wir nicht eben mit Stannum metallicum D30 behandelt, sondern mit Laktose D30. Warum Laktose? Weil Stannum ist eine wasserunlösliche Arznei, die wir zuerst den Laktose triturieren, also verreiben, und erst ab der D6 dann im flüssigen weiter potenzieren. Das heißt, die adäquate Vergleichsprobe ist auch Laktose, die auch triturieren wird, aber ohne das Stannum, und dann nachher gleich weiter potenzieren. Dann haben wir die Keimlinge vier Tage wachsen lassen, entweder im Stannum metallicum D30 oder eben in Laktose D30. Nach vier Tagen wurden die geerntet, da wurde die Länge gemessen, und gleichzeitig haben wir einen Extrakt hergestellt aus diesen Kressekeimlingen, und dieser Extrakt, der wurde dann mit Kupferchlorid versetzt und auf flache Glasplatten gegeben, und wodurch sich dann sogenannte Kristallmuster oder Kristallbilder bilden. Und diese Kristallmuster kann man sich sehr ähnlich vorstellen wie Eisblumen an den Fenstern. Diese Kristallmuster sind dann spezifisch für die Inhaltsstoffe, die die Gräe während dem Wachstum gebildet hat, und die unterscheiden sich hoch signifikant und deutlich.

Jetzt vielleicht noch mal für die Nichtlateiner unter uns

Stannum metallicum. Stannum metallicum ist Zinn.

Danke schön, Herr Kusken. Wir haben die Wirkmechanismen ein bisschen angedeutet. Sind Homöopathika überhaupt wirksam, wenn der pharmakologische Wirkmechanismus nicht klar ist? Und zweite Frage, trifft das nur auf homöopathische Arzneimittel zu oder auch auf andere?

Ja, ist ja eine sehr schöne Frage, also zunächst mal grundsätzlich zur Einstufung eines Stoffes als Arzneistoff oder eben dann daraus hergestellt als Arzneimittel, ist nicht die pharmakologische Wirkung mal ausschlaggebend, sondern die therapeutische Wirksamkeit.

Das heißt, interessant ist, kann ich damit therapieren oder kann ich damit nicht therapieren, und sekundär ist eigentlich die Frage, wie genau funktioniert das denn? Bei der Homöopathie kann man sagen, der Wirkmechanismus, also die pharmakologische Wirkung, kann man also trefflich drüber spekulieren, wie das auf molekularer Ebene funktioniert. Das kann man aber auch bei vielen anderen Sachen. Also, ich möchte ja insbesondere pflanzliche Präparate erinnern, wo also ganz klar im Tierversuch und auch im Humanversuch für ganz viele Arzneipflanzen eine belegbare, reproduzierbare und signifikante therapeutische Wirksamkeit vorhanden ist, wir aber im Detail nicht wissen, wie denn das zustande kommt. Und wir haben ja auch bei Arzneipflanzen immer die spannende Frage des Synergismus. Ja, spielt auch eine Rolle, kann man aber schwer fassen.

Synergismen in diesem Kontext, was muss ich mir darunter vorstellen?

Ein Synergismus bei pflanzlichen Arzneimitteln beschreibt eben das Zusammenspiel vieler Komponenten in relativ geringer Dosierung. Also hier sprechen wir jetzt nicht von Homöopathika, sondern wirklich halt von stofflichen Mengen, die in der Summe dann einen Effekt ergeben, der also größer ist als das, was man bei den einzelnen Substanzen erwarten würde. Und wenn man halt jetzt mal schaut zu den chemisch definierten Wirkstoffen, da gibt’s also auch einiges, wo man sich nicht so ganz im Klaren ist, wie das denn überhaupt im Detail funktionieren kann. Das Paradebeispiel wäre der Paracetamol, was von seinen physikochemischen Eigenschaften her eigentlich gar nicht schmerzstillend und fiebersenkend wirken dürfte, es aber trotzdem tut.

Hier ist man ja auch letztendlich in den Lebenswissenschaften sehr gnädig und sagt ja, Paracetamol wissen wir, ist ein Medikament mit einer belegten Wirksamkeit, und dann guckt man nicht so genau hin und sagt eben, na ja, also so auf dem pharmakologischen Level gibt es da aber noch erhebliche Fragezeichen, wie das überhaupt sein kann.

Wir gehen wieder zurück zum Patienten, sozusagen. Also, wie lässt sich Homöopathie am besten einsetzen, welche Vorteile werden unter Umständen damit verbunden? Stichwort Antibiotika, Antibiotikaresistenzen, Rückstände im Grundwasser.

Das, was also momentan übersehen wird, ist die angemessene Therapie. Also, für mich als Pharmazeut ist eigentlich ganz wichtig, dass ich also auch im praktischen Alltag in der öffentlichen Apotheke beispielsweise eine Empfehlung für eine angemessene Therapie abgeben muss und darf und soll, dazu bin ich ja verpflichtet, und das geht also heute durchaus verloren. Also, mein Lieblingsbeispiel ist eigentlich, was passiert montags in der Apotheke. Ne, also, Wochenende haben sich alle mehr oder weniger erholt, einige haben sich eher erschöpft als auch erholt, und dann passiert immer das Gleiche. Also, man geht zum Arzt, lässt sich krankschreiben, der schreibt ein Antibiotikum auf, und das war früher beispielsweise nicht so. Da wurde also dann vom Arzt durchaus mal ein Aspirin aufgeschrieben, Azetylsalizilsäure, weil derjenige hatte nur Kopfschmerzen, und das reicht eigentlich, und da braucht man halt nicht Antibiotika zu verordnen, und das sehe ich eben halt auch vielfür viele Erkrankungen, insbesondere auch chronische Erkrankungen oder schwierige Erkrankungen, wo Homöopathie eine angemessene Behandlungsoption ist, die aber zu wenig genutzt wird, und wir dürfen halt nicht vergessen, dass wir uns durch eine zu große Gabe von chemisch definierten Wirkstoffen eine Menge Probleme einhandeln. Also, bei den Antibiotika handeln wir uns eben die Resistenzen ein, viele Stoffe finden wir halt im Wasser, nicht nur im Oberflächenwasser, sondern auch im Grundwasser.

Die Überwachungsbehörden in Hessen schlagen also langsam Alarm. Wir haben an die 400 Stoffe in der permanenten Überwasser-Überwachung des Trinkwassers, von denen also ganz viele den Ursprung in Arzneimitteln haben. An erster Stelle möchte ich also hier Statine erwähnen, Diclofenak, ja, Hormonpräparate, Röntgenkontrastmittel, also da gibt es eine ganze Menge, wo man also schon drüber nachdenken kann, ob man hier nicht auch Behandlungsoption ausschöpfen sollte. Ganz allgemein formuliert, die also jetzt nicht zu einer erheblichen Gewässerbelastung führen.

Wie ist eigentlich die Akzeptanz bei den Pharmaziestudierenden?

Also, meine persönliche Erfahrung ist, dass man sich mit denen also immer ganz gut über Homöopathie unterhalten kann. Es gibt natürlich auch Kritiker, es gibt natürlich auch welche, die sagen, wenn ich also ein selber ein Wochen habe, dann nehme ich dieses und jenes Präparat chemisch definiert, da hat natürlich jeder so seine persönlichen Präferenzen und Überzeugungen, das ist auch gut so, das sei auch ungenommen, aber ich denke ganz allgemein im komplementärmedizinischen Sektor gibt es ja doch ein erhebliches Interesse, also auch bei den Studentinnen und Studenten der Pharmazie.

Herr Dr. Hamre, was ist Ihrer Erfahrung nach, wo oder wo würden Sie empfehlen, dass man Homöopathie idealerweise einsetzen könnte?

Mit Homöopathie kann man offensichtlich viele Krankheiten erfolgreich behandeln und auch potenziell gefährliche konventionelle Therapien einsparen. Ich weiß von Studien, die zeigen, dass man unter homöopathischer Behandlung auch Antibiotika einsparen kann, dass man also weniger verschreiben muss, ohne dass es zu verstärkten Komplikationen kommt, und dass auch Homöopathie hier eine Rolle spielen kann in der Krankenversorgung, um unnötige Antibiotikaverordnungen oder Einnahmen zu vermeiden. Also, ich halte auch viel von der Schulmedizin, aber es gibt doch ein deutliches Potenzial. Das mögliche Problem, was immer wieder auch in der populären Presse hochgespielt wird, gibt es eine Gefahr, dass, wenn Patienten die oder sonstige komplementärmedizinische Verfahren machen, dass sie dann eine nötige schulmedizinische Therapie nicht in Anspruch nehmen und dass das zu Gefahren führen könnte. Ich kenne nicht die Gesamtstudienlage, aber ich habe eine relativ prominent positionierte Studie, die analysiert wurde. Wir haben jeden Fall genau analysiert: Wurde tatsächlich ein Homöopathikum verschrieben oder angeordnet? Das war teilweise gar nicht der Fall, weil manchmal sagt man, Homöopathie, in manchen Kreisen ist es so, irgendetwas in Richtung Komplementärmedizin, was man nicht mag, dann nennt man das einfach Homöopathie. Also, entweder es wurde kein Homöopathikum überhaupt verwendet oder es wurde gar keine schulmedizinische Therapie vermieden. Also, es gab eigentlich überall andere Faktoren, die dafür verursächlich waren. Nur in einem einzigen Fall war es tatsächlich so, dass eine Nichtinanspruchnahme von einer prophylaktischen Impfung vor Reise in einem Land mit besonderen Infektionskrankheiten, das war Malaria in diesem Fall. Aber hier stand wiederum nicht die Verfügbarkeit von Homöopathie am Anfang, sondern Nebenwirkungen durch die früheren Impfbehandlungen. Man muss es im Gesamtbild sehen, dann kann man nicht sagen, dass eine große Gefahr für die Gesundheit vom Vorhandensein von Homöopathie ausgeht.

Dann im Gegenteil: Wie ist es mit Kombinieren von Homöopathie und Schulmedizin oder sonstigem? Also, das, was man heutezutage integrative Medizin nennt, und wie gibt es da Fallgruben oder Gefahren oder Sicherheitsprobleme? Von den Hochpotenzen kann man kaum ein Risiko sehen. Also, außer gelegentlich werden berichtet von starken Erstverschlimmerungen, aber in Richtung Vergiftung und sowas, das hat man ja bei den Hochpotenzen nicht. Und in Deutschland z.B. sind ja auch alle Homöopathika reguliert von dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Klar, eine sehr niedrige Potenz mit einem potenziell toxischen Substanz da muss man aufpassen, aber das tut auch das Bundesinstitut. Das ist das allererste.

Und das Zweite wäre Nebenwirkungen in klinischen Studien, bei die eine bekommen Homöopathie, andere bekommen etwas anderes, und da gibt es eine sehr gute Übersicht. Das ein systematisches Review vor 2 Jahren oder so, und das es gab eher weniger Nebenwirkungen in den homöopathischen Patienten als in den anders behandelten Patienten. Und Ärzte, die Homöopathie praktizieren, sind ausgebildete Mediziner, die sollen auch dazu in der Lage sein zu wissen, welche Patienten sie mit Homöopathie und welche sie eher mit Schulmedizin behandeln sollen. Sie vertreten eine verantwortungsvolle ärztliche Homöopathie. Herr Kusken, ja, das ist natürlich insgesamt ein sehr spannendes Thema, wenn man also auf nicht adäquate Medikation draufschaut und guckt, was sind so die Ursachen, und da finde ich eigentlich sehr schön, was Herr Hamre gesagt hat. Wenn ich also approbierter Mediziner bin und mich in Homöopathie und komplementärmedizinische Richtung eingearbeitet habe, dann habe ich ja immer den Background, dass ich also auch Alternativen habe. Also, ich muss Alternativen kennen. Da finde ich also, meine so persönlichen Begegnungen mit Medizinerinnen und Medizinern mit Fachrichtung Homöopathie waren also immer ausgesprochen positiv, weil eben der Gesamtblick vorhanden war. Und wenn es zu Medikationsfehlern kommt, dann hat das häufig den Grund, dass eben der Gesamtblick eingeengt ist oder eben halt eine Selbstmedikation gemacht wird ohne die erforderliche Beratung oder ohne die erforderlichen persönlichen Kenntnisse.

Hier spielt natürlich auch das Internet eine unheilvolle Rolle. Also, Dr. Google wird schon richten, man kann alle Informationen erreichen, die man haben will, und kann sich sozusagen dann übers Internet selber therapieren. Da wissen wir alle, dass bei den komplexen Informationen, die wir üblicherweise zu Gesundheitsthemen vorfinden, es für viele Mitmenschen eine Überforderung ist, das richtig zu werten. Und wenn es mal wieder eine Schlagzeile gibt, dass irgendwas in der Selbstmedikation gebrannt ist, dann ist das häufig darauf zurückzuführen, dass die oder derjenige einfach an die falsche Information geraten ist. Und letztendlich ist die Information ja auch der Grund, wieso Homöopathika apothekenpflichtig sind, denn unsere Branche, die Pharmazie, muss sich bitteschön in das Thema auch einarbeiten und entsprechend informieren in Apotheken, wenn Homöopathika zur Selbstmedikation gewünscht werden. Ja, also das größte Problem, was ich eigentlich sehe, bei Medikationsfehlern, liegt eher in der Selbstmedikation und nicht so sehr in Therapien, die also verschrieben worden sind.


Vielleicht kann ich jetzt noch etwas zur Versorgungsforschung ergänzen. Es ist sehr interessant, die sogenannte IPI3-Studie aus Frankreich zur Kenntnis zu nehmen. Dort wurden relativ große Patientenzahlen in der alltäglichen Praxisversorgung verfolgt, also wie die Behandlung in der realen Welt stattfindet, nicht im Kontext einer klinischen Studie, sondern es wird beobachtet, was ein bestimmtes medizinisches Verfahren in der Alltagsrealität leistet.

In dieser IPI3-Studie wurden jeweils drei Gruppen verglichen: Patienten, die zu einem Homöopathen oder einer Homöopathin gegangen sind und ausschließlich homöopathische Arzneimittel verschrieben bekamen; Patienten, die zu einem sogenannten Schulmediziner gegangen sind, der ausschließlich konventionelle pharmakologische Arzneimittel verschrieben hat; und dann eine gemischte Gruppe.

Ein interessantes Beispiel betrifft Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege. Hier war der Verlauf der Behandlung oder die Dauer bis zur Symptomauflösung vergleichbar gut oder schnell in beiden Gruppen, jedoch wurden in der homöopathischen Gruppe 50% weniger Antibiotika verschrieben.

Eine andere Studie mit muskuloskeletalen Problemen, an der mehr als 1000 Patienten teilnahmen, zeigte ebenfalls, dass sich der klinische Verlauf in beiden Gruppen vergleichbar gut verbesserte, aber bei den ausschließlich homöopathisch behandelten Patienten wiederum 50% weniger nichtsteroidale Entzündungshemmer verschrieben wurden.

Diese nichtsteroidalen Entzündungshemmer haben deutliche Nebenwirkungen. Im Sinne der Volksgesundheit kann man durchaus sagen, dass eine homöopathische Behandlung hier sehr sinnvoll sein kann.

Vielen Dank, Herr Kuskin. Wollen Sie noch etwas dazu sagen?

Ein typisches Beispiel ist, dass nichtsteroidale Antirheumatika oft die Magenschleimhaut angreifen, was eine weitere Medikation erfordert. Das führt zu einem Rattenschwanz an weiteren Medikationen, abhängig von der persönlichen Konstitution der Patienten.


Und das ist eben bei Homöopathika nicht der Fall. Sehr spannend! Wie schätzen Sie jeder für sich den Stand der Wissenschaft ein, Herr Baumgartner?

Also den Stand der Wissenschaft in der Homöopathieforschung schätze ich so ein, dass jetzt mindestens im Bereich der Grundlagenforschung es doch recht gute Evidenz dafür gibt, dass homöopathische Arzneimittel spezifische Effekte zu erzeugen, die über Placebo hinausgehen. Unsere eigene Arbeitsgruppe hat jetzt seit knapp 30 Jahren hier doch einiges dazu beigetragen, und ich selber bin ja vor knapp 30 Jahren in dieses Forschungsgebiet eingestiegen, weil es mich interessiert hat, ob jetzt Homöopathika Placebos sind oder nicht. Und basierend auf den Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe von den letzten 25 bis 30 Jahren komme ich zum Schluss, dass eben Homöopathika keine Placebos sind, sprich, sie können spezifische Arzneimitteleffekte hervorbringen, die über Placebo hinausgehen.

Was hier natürlich im Bereich der Forschung noch notwendig ist, ist dass diese Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe an anderen Orten noch, ich sage jetzt mal, reproduziert werden, damit das auf eine breitere empirische Basis gestellt wird. Und was halt auch noch offen ist, ist die Frage des Wirkprinzips, also wie funktionieren jetzt homöopathische Arzneimittel genau? Also, was passiert im menschlichen Organismus, wenn er solche einnimmt? Das betrifft so quer mehr dieses biologisch-medizinische Wirkprinzip. Da wissen wir noch sehr, sehr wenig. Aber auch was passiert genau beim Potenzieren? Also, wie ist das möglich, dass bei so hohen Verdünnungen es dann immer noch möglich ist, dass daraus Arzneimittel entstehen oder Präparate entstehen, die spezifische Wirkungen hervorbringen, die über Placebo hinausgehen? Da ist auch noch ein großer Forschungsbedarf, den ich persönlich aber hoch interessant finde.

Danke schön. Das ist ja der Staffelstab gleich an Sie übergeben, Herr Professor Kuskin.

Ja, kann ich gerne weitermachen. Also, wir wissen viel über Homöopathika. Wir wissen, wie sie therapeutisch sinnvollerweise eingesetzt werden können. Was ich mir wünschen würde, also jetzt von ganz unterschiedlichen Disziplinen, einerseits, dass man also nicht locker lässt in der Grundlagenforschung zu gucken, wie denn eben der pharmakologische Wirkmechanismus aussehen kann. Also, das ist eine ganz spannende Sache, und man macht sich das Leben einfach, in dem sehr viele Menschen, also auch in Wissenschaftskreisen, es als eine schwierige Sache, vielleicht auch Placebo, abtun. Das sollte eigentlich nicht sein. Also, Dinge, die man eben nicht beantworten kann, sollten neugierig machen. Und das würde ich mir als doch sehr wünschen, dass also mehr Menschen schauen, wie kann denn so eine pharmakologische Wirkung überhaupt aussehen? Und ja, also Herr Baumgartner ist da ja ein leuchtendes Beispiel, aber es braucht mehr. Und ich würde mich also auch freuen, wenn sich auf der medizinischen Seite Ärztinnen und Ärzte nicht durch die Negativpresse abschrecken lassen und Studien jeglicher Art nicht mehr machen wollen, weil es also momentan nicht angesagt ist. Das würde ich also sehr schade finden, und es wäre zu wünschen, wenn sich also viele an dem Projekt, ähm, Wirksamkeit von Homöopathika beteiligen würden. Es gibt viel zu tun.

Herr Dr. Hamre, wie schätzen Sie den Stand ein? Sie haben ja in viele Studien hineingeschaut. Was müssen wir noch tun?

Von dem, was ich im Forschungsblick hatte, die Frage: Wirkt Homöopathie besser als Placebo in klinischen randomisierten Studien? Ist es eindeutig so, sie wirkt besser als Placebo.

Der Beleg ist am besten am einheitlichsten für die klassische individualisierte Homöopathie. Für die anderen Homöopathieverfahren wäre noch mehr ins Detail zu schauen, wo sie am besten wirken und wo sie vielleicht dann doch nicht so gut wirken. Aber was ich mir vor allem wünsche ist natürlich, man will als Wissenschaftler immer mehr haben, weil wir immer bessere Studien oder mehr Studien oder Replikationen von Studien wollen. Aber was ich mir wünsche ist, dass es möglich ist, über wissenschaftliche Fragen auch zur Homöopathieforschung vorurteilsfrei zu diskutieren.

Und was ich wahrnehme ist, dass es überwiegend heutzutage zumindest in Deutschland nicht geht. Es sind verhärtete Fronten. Und wenn ich die Argumentation sehe, dann ist es oft so, dass man sich da nicht auskennt, das, was man meint, kritisieren zu können, oder dass man Sachen ausblendet. Ich sehe auch logische Zirkelschlüsse, die da sind. Und es ist also eine wirklich gute Wissenschaft ist immer auch selbstkritisch. Es sollte, wie der verstorbene Professor Matisson in, in Herde gesagt hat, dass der andere auch recht haben könnte. Also, das wünsche ich mir, eine mehr vorurteilsfreie und auch selbstkritische Offenheit in Diskussionen, auch um die Wirksamkeit der Homöopathie.

Ganz herzlichen Dank! Das war jetzt ein sehr schöner Schlusssatz. Offenheit, vorurteilsfreie Wissenschaft, mit der Frage haben wir gestartet und mit dem Appell möchte ich auch schließen. Ganz herzlichen Dank an Sie, Herr Professor Kuskin, Herr Professor Baumgartner, Herr Dr. Hamre. Ganz herzlichen Dank für die sehr, möchte ich sagen, tiefe Einblick in die Homöopathieforschung. “Homöopathie – der Podcast des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte.”